Klemens Niermann: Lebenslauf

Klemens Niermann wurde am 30. März 1928 als fünftes von 14 Kindern in Schermbeck (im katholischen Altschermbeck) geboren und wuchs in einer stark religiös geprägten Familie auf („Wir waren eine brutal katholische Familie“). Er und seine Geschwister haben damals die katholische Jugend in Altschermbeck geprägt. Der älteste Bruder war Steyler Missionar in Papua-Neuguinea, eine Schwester wurde Ordensschwester, eine weitere Pastoralreferentin.

Mit 15 Jahren und zwei Dritteln seiner Schulklasse wurde er gegen Endes des Zweiten Weltkrieges als Luftwaffenhelfer in Flakstellungen in der Nähe von Bottrop und Haltern eingesetzt.

Nach dem Krieg geht er zunächst im benachbarten Dorsten auf das Gymnasium, macht dann aber 1951 sein Abitur auf dem Gymnasium in Geldern. Das Theologie-Studium in Münster (beginnend 1951) und Fribourg (Schweiz) musste er sich in den Semesterferien mit Arbeiten in der Ziegelei Schermbeck oder unter Tage auf der Zeche in Bottrop finanzieren.

Schon in jungen Jahren war er gerne allein unterwegs. 1952 fuhr er allein per Anhalter durch Belgien und Frankreich, unter anderem nach Lourdes. 1955 pilgerte er allein per Anhalter nach Jerusalem (über Schweiz, Italien, Griechenland, Syrien und Jordanien) und war der dritte Deutsche, dem die Einreise nach West-Jerusalem erlaubt wurde (vermutlich mit Hilfe des späteren Bürgermeisters Teddy Kollek, der kürzlich verstorben ist).

Im Sommer 1955 hatte Klemens Niermann zum ersten Mal während eines Gemeindepraktikums Kontakt mit Gemeinden in der damaligen DDR, in Eisenberg/Thüringen und Meerane/Sachsen – wo später die Glocken der St.-Michael-Kirche hingeschmuggelt wurden.

Am 16. März 1957 erhielt er in Münster die Priesterweihe - unter anderem zusammen mit Bernhard Brefeld (später Pfarrer in Hörstel), Werner Heukamp (pensionierter Pfarrer in Recke), Hubert Kreft (später Pfarrer in Recke), Johannes Lammers (pensionierter Pfarrer in Ibbenbüren), August Schepers (später Pfarrer in Hopsten, pensionierter Pfarrer in Hörstel).

Seine erste Stelle erhielt er Palmsonntag 1957 als Kaplan in Duisburg (Rheinhausen-Hochemmerich) St. Peter. In der Gemeinde mit 14 000 Mitgliedern war er zusammen mit zwei weiteren Kaplänen schwerpunktmäßig für Jugendarbeit zuständig und unterrichtete in der Sonderschule und in der Volksschule.

Im Januar 1963 wurde er unter dem damaligen Dechant Bernhard Heufers (1893-1983) Kreisvikar (Kaplan) in Ibbenbüren St. Mauritius. Er wohnte zunächst an der Roggenkampstraße, dann an der Großen Straße, später an der Oststraße und zuletzt im Krankenhaus.

1963/64 hat er auf Anregung des damaligen Bischofs Joseph Höffner das „Theologische Seminar“ ins Leben gerufen, das damals jeden Abend über 200 Mitglieder interessierte und moderne Theologie nach Ibbenbüren brachte. Auch Bischof Höffner mischte sich einen Abend zunächst unerkannt unter die Teilnehmer.

Zunächst etwas widerstrebend (er wollte eigentlich in die Mission nach Südafrika) übernahm er Ostern 1965 eine frei werdende Stelle als Religionslehrer an den Berufsschulen des Kreises Tecklenburg. Gleichzeitig wurde er Subsidiar an St. Michael. Im selben Jahr wurde er auch Bezirksbeauftragter für den Religionsunterricht an den Berufsbildenden Schulen des Kreises Tecklenburg. 1968 wurde er zum Berufsschulpfarrer ernannt. Viele Jahre war er Vertrauenslehrer. 1970 wurde er zwar Subsidiar in St. Mauritius, blieb aber weitgehend in St. Michael tätig, weil die Gemeinde dort keinen Kaplan hatte und er dem damaligen Pfarrer Hermann Peperhove helfen wollte. Er gab viele Kurse für Jugendliche, organisierte Schulendtage und hielt Vorträge auch außerhalb des Bistums Münster. 1972 qualifizierte er sich zum Meditationsleiter. Aus dieser Zeit stammte auch sein Hobby des Blumensteckens (Ikebana).

1983 wurde er nach der Versetzung des Krankenhausseelsorgers auf Anregung der Seelsorgekonferenz zusätzlich Rektor der Hauskapelle am St.-Elisabeth-Hospital und damit auch zunächst alleiniger Krankenhauspfarrer. Etwa eineinhalb Jahre später kam Schwester Michaela als hauptverantwortliche Krankenhausseelsorgerin dazu.

Nach einer Bypassoperation am Herzen wurde Klemens Niermann 1988 mit sechzig Jahren als Berufsschulpfarrer pensioniert und auf dem Papier Vicarius Cooperator mit dem Titel Pfarrer in St. Mauritius. Faktisch blieb er Krankenhauspfarrer.

Klemens Niermann starb am Dienstagmittag, dem 6. Februar 2007 in seiner Wohnung im St.-Elisabeth-Hospital in Ibbenbüren.


Nach den Kontakten in die damalige DDR hatte Klemens Niermann zunächst Beziehungen in die Tschechoslowakei, insbesondere auch zum Bischof von Tschernosek, zu dem er auch Hilfsgelder des Bistums mitnehmen konnte („Das war natürlich streng verboten, aber ich hatte immer gute Verstecke im Auto, und die haben auch immer untersucht, aber nie was gefunden“). Auch zwei oder drei PKW von Klemens Niermann fanden dort einen neuen Besitzer. Anfang der 70er Jahre kamen dann die Kontakte nach Stettin zustande. Dort landeten Autos, Geld, Baumaterial, Kirchenbänke und eine Orgel. Außerdem sind dort die Lampen und die Lautsprecheranlage von St. Mauritius.

Über den damaligen Geschäftsführer des SKF Stefan Ottmann wurden die Kontakte mit Minsk/Weißrussland begonnen.

Am 25. März 1977 wurde Klemens Niermann bei dem Versuch, die Verlobte des Regisseurs Einar Schleef über die Grenze zu schmuggeln, in Ostberlin verhaftet. Zuvor hatte er bereits Einar Schleef die Flucht aus der DDR über die Tschechoslowakei und Wien ermöglicht und finanziert.
Einar Schleef (1944-2001) war Schriftsteller und Regisseur. Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek urteilte in einem Nachruf: „Es hat in Deutschland nur zwei Genies gegeben: Im Westen Fassbinder, im Osten Schleef.“ Er arbeitete beim Schauspiel Frankfurt und war lange Zeit am Berliner Ensemble, auch in Düsseldorf und Wien. Es gibt zahlreiche Stücke, Hörspiele und Aufführungen von ihm, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Klemens Niermann hat ihn 2001 in seiner Heimatstadt Sangerhausen beerdigt.
Die Flucht der Verlobten von Einar Schleef fiel auf, da ein Telefongespräch von Ibbenbüren nach Ostberlin abgehört worden war. In Neustrelitz bei Neubrandenburg war Klemens Niermann sechs Wochen lang in einem Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit in strengster Einzelhaft und wurde dann am 5. Mai 1977 vor dem Gericht in Neubrandenburg wegen erwiesener Fluchthilfe zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Nach drei Monaten Haft im Rummelsburger Gefängnis in Ostberlin wurde er vom Bistum Münster bzw. der Bundesrepublik Deutschland freigekauft.

Über die Berufsschule hatte Klemens Niermann immer schon Kontakt mit türkischen Familien, denen er vielfältig helfen konnte. Mitte der siebziger Jahre regte er mit die Gründung des „Türkisch-Islamischen Kulturvereins“ an und half bei der Vermittlung der ersten Räumlichkeiten für eine Moschee, zunächst an der Albert-Schweitzer-Grundschule. Er konnte die katholischen Gemeinden und das Bistum Münster mit ins Boot holen, die damals die Teppiche für den Gebetsraum stifteten. Auch bei der Errichtung der Moschee an der Ledder Straße und des muslimischen Teils auf dem Hauptfriedhof hat er mitgeholfen.

Ein Anliegen war ihm immer auch die Erinnerung an die jüdische Geschichte Ibbenbürens.