Bodendenkmal "Befestigungsanlage Dörenthe"
Werner Suer (Ibbenbüren) entdeckte 1990, dass die Bruder-Klaus-Kapelle auf dem Gelände einer mittelalterlichen Befestigungsanlage (11.-13. Jh.) erbaut worden war. Sie schützte den Pass durch den Höhenzug. Zwei Quellen im südwestlichen und nordöstlichen Bereich der Anlage sorgten für die Wasserversorgung. Auch Wälle und Gräben sind noch zu erkennen, weitere Erkenntnisse fehlen allerdings. 1994 wurde die Burg als Bodendenkmal anerkannt.
"Im Jahre 1990 entdeckte ich beim Betrachten der Deutschen Grundkarte vom Dörenther Berg eine kreisförmige Struktur mit einem 6m tiefen Graben auf der Bergkuppe. Der Kreis war unterbrochen durch eine Böschung der vorbeiführenden Straße nach Münster. In Ansätzen ist zu erkennen, daß der Graben, der im Westen in eine Wall übergeht, ursprünglich bis an die Münsterstraße reichte. Das Ganze bildet in etwa eine Kreisfläche, die durch Wall und Graben begrenzt wird. Diese Fläche erinnert stark an die bekannten historischen Höhenburgen, die überall an strategisch wichtigen Pässen zu finden sind.
Als gelernter Vermessungstechniker galt mein Interesse immer schon Karten, die viele Details darstellen. Grundkarten geben ein recht genaues Bild der örtlichen Verhältnisse in allen Einzelheiten wieder. Man erkennt Böschungen, Zäune, Stromleitungen, Wallhecken und alles mögliche.
Auf der vorliegenden Karte sieht man in unmittelbarer Nähe, östlich der oben beschriebenen Anlage eine Quelle. Eine zweite Quelle liegt direkt südlich unterhalb der Fläche. Beide Quellen dienten sicherlich der Wasserversorgung der beschriebenen Anlage.
Ich war mir ziemlich sicher, daß diese Struktur dem Amt für Bodendenkmalpflege in Münster hinreichend bekannt war, daher unternahm ich zunächst nichts. Erst 1992 teilte ich meine Kenntnis davon Dr. Grünewald telefonisch mit. Zu meiner Überraschung war ihm diese Anlage völlig unbekannt, daher schickte ich ihm nähere Informationen.
Einer seiner Mitarbeiter hat sich dann die Wallanlage angesehen. Nach seiner Untersuchung vor Ort kam man dann in Münster zu dem Schluß, daß es sich um eine bislang völlig unbekannte Befestigungsanlage aus dem Mittelalter handelt. Sie diente wahrscheinlich der Kontrolle am Dörenther Paß, dem benachbarten Weg.
1993 verfügt das Amt für Bodendenkmalpflege an die Stadt Ibbenbüren, daß die Anlage als Bodendenkmal unter Schutz gestellt wird. Begründung:
„Es handelt sich um eine umfangreiche Wall- und Grabenanlage. Sie diente wohl der Kontrolle des Übergangs über den Teutoburger Wald. Sie hatte eine wichtige Bedeutung für Handel und Verkehr. Die Burganlage ist für die Siedlungs-Geschichte der Menschen im Raum Ibbenbüren bedeutend. Es besteht öffentliches und wissenschaftliches Interesse an der Erhaltung als Bodendenkmal.“ „Bei der Nutzung der Fläche, insbesondere durch die Forstwirtschaft oder Eingriffe in den Boden, darf die Anlage in keiner Weise beeinträchtigt werden.“
Am 6.10.1994 erfolgt durch die Stadt Ibbenbüren die Eintragung in die Denkmalliste. Die Anlage wurde unter dem Namen Befestigungsanlage Dörenthe als Bodendenkmal mit folgenden Merkmale eingetragen: „Spornlage nach Süden, etwa ein schildförmiger Innenraum von 100 x 100 Meter, von bis zu 3 Gräben umgeben.“
Ursprünglich wird der vorgelagerte, bis 6 m tiefe Graben ein Spitzgraben gewesen sein, diese Profile sind vorwiegend im frühen Mittelalter entstanden. Im Dezember 2008 schreibt Dr. Grünewald an die Stadt Ibbenbüren:
„Wir wissen nicht viel über die Anlage und wer sie gebaut hat. Es gibt keine schriftlichen Zeugnisse darüber. Ein Hiweis darauf, daß sie nicht lage existiert haben wird. Vom Typ her dürfte sie im Hohen Mittelalter, also vom 11. bis zum 13. Jahrhundert angelegt worden sein. Die Frage, ob auf der Fläche ein Gebäude gestanden hat, ist bis heute nicht geklärt. Auf der anderen Seite dürfen keine Eingriffe in Bodendenkmäler vorgenommen werden. Untersuchungen und archäologische Grabungen durch die Behörden erfolgen nur, wenn eine notwendige Baumaßnahme an einem geschützten Objekt ansteht, davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.“
Ibbenbüren, den 27.6.2010
Werner Suer"
Stadt Ibbenbüren
Bauverwaltungsamt/Untere Denkmalbehörde
6. Oktober 1994
Bescheid
über die Eintragung in die Denkmalliste
Beschreibung des Denkmals:
ortsfestes Bodendenkmal
Lfd. Nr. B 014
Kurzbezeichnung des Denkmals:
Befestigungsanlage Dörenthe
Lagemäßige Bezeichnung des Denkmals:
Straße: Dörenthe, B 219
Flur: 57
Flurstück(e): 167,181,182,183,184,185,186,187,194,
Darstellung der wesentlichen charakteristischen Merkmale des Denkmals:
Befestigungsanlage
Etwa schildförmiger Innenraum, umgeben von bis zu drei Gräben auf nach Süden vorspringenden Sporn.
Maße: ca. 200 x 200m,
Innenraum ca. 100 x 100 m
Im Nordosten durch die B 219 tangiert.
Historische Quellen z. Z. unbekannt.
Sehr geehrter Herr Daßmann,
gemäß § 3 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz NW (DSchG NW) vom 11.03.1980 (GV NW S. 226) in der z. Z. geltenden Fassung werden Sie darüber unterrichtet, daß das Denkmal, wie vorstehend beschrieben, aufgrund der Eintragungsverfügung des Regierungspräsidenten Münster vom 20.10.1993 mit dem heutigen Tage in die Denkmalliste eingetragen worden ist. Das Denkmal unterliegt damit den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, um deren Beachtung gebeten wird.
Denkmalsbereich Befestigungsanlage Dörenthe
Dr. Christoph Grünewald
Leiter der Außenstelle LWL-Archäologie für Westfalen
Außenstelle Münster
8. Dezember 2008
„Leider wissen wir selbst nicht viel über die Anlage. Erkennbar ist die Burganlage am Besten von dem Parkplatz an der Bundesstraße. Von dort können Sie die Wälle und Gräben sehen, die aus der Bergflanke herausgearbeitet sind und die Innenfläche in Richtung Münsterland schützen. Auch im Osten, zum Campingplatz hin sind die Wälle noch erkennbar, während sie im Westen von der Bundesstraße zerstört worden sind.
Somit läßt sich die Anlage als etwa runde bis rechteckige Wallburg rekonstruieren. Im Nordosten sieht man im Steilhang noch die Reste eines Hohlwegesystems, das den Berg hinauf zieht und das als eine Art Vorgänger der Bundesstraße sicher in Zusammenhang mit der Burg zu sehen ist. Es ist davon auszugehen, dass die Burg den Übergang über den Berg schützte und die Verkehrsverbindung kontrollierte.
Was wir nicht wissen ist, wie die Burg gebaut war und wie alt sie ist.
Bislang gibt es keine Grabungen und keine Zufallsfunde von denen wir wissen, auch schriftliche Quellen kennen wir nicht. Vom Typ der Burg her gehen wir am ehesten davon aus, dass sie in das Hohe Mittelalter, vielleicht das 11. bis 13. Jahrhundert gehören dürfte, sicher ist das aber nicht. Wahrscheinlich hat sie auch nicht lange existiert, sonst hätte sie sicher einen Niederschlag in den Quellen hinterlassen.
Als Burganlage gehört das Objekt eindeutig in die Kategorie Bodendenkmal, das es zu schützen gilt. Daher wurde sie auch in die Denkmalliste der Stadt Ibbenbüren eingetragen.“
Ibbenbürener Volkzeitung am 09.02.1993:
Eine „Wittekindsburg“ mehr? Historische Wallanlage im Dörenther Berg entdeckt
Ibbenbüren. Der Fund einer historischen Wallanlage im Dörenther Berg nur wenige Meter neben der Straße, „Zufallsfund“ eines aufmerksamen Ibbenbüreners, hat sogar die Fachleute überrascht. (Die IVZ berichtete am 30. Dezember 1992). Werner Seeck, den IVZ-Lesern durch viele Beiträge zur Archäologie bekannt, versucht eine Deutung des überraschenden Fundes:
Die entdeckte Befestigungsanlage wirft die Frage nach der Entstehung und dem einstigen Zweck auf.
Bauwerke dieser Art schleifen über die Jahrhunderte hinweg stark ab, wie auch an den Wällen am Dörenther Berg erkennbar ist. Es bedarf schon eines geschulten Blickes, derartige Veränderungen in der Landschaft als „Burg“ zu erkennen. Dieses Verdienst gebührt dem Entdecker Werner Suer.
Die ursprüngliche Form hat sich durch nachrutschende Erd- und Steinrnassen völlig verändert und im Falle einer archäologischen Untersuchung müßte alles Versturzmaterial wieder entfernt werden, um an die einstige Tiefe der Wälle zu gelangen. Als Ergebnis würde sich mit großer Wahrscheinlichkeit das Bild eines vorgelagerten Spitzgrabens bieten, eine von den Erbauern beabsichtigte Form, die einen wichtigen Hinweis auf das Alter der Burg gibt.
Gräben mit solch spitzem Profil sind in der hiesigen Gegend vorwiegen im frühen Mittelalter entstanden. Gemessen an den damals verfügbaren Geräten muß die Erstellung eines solchen Bauwerks als außerordentliche Leistung angesehen werden.
Das Wort Burg, abgeleitet von Bergen, sagt aus, daß innerhalb dieser Anlagen in Notzeiten Mensch und Vieh Schutz suchten. Bei den meisten Anlagen dieser Art war eine Wasserversorgung durch Brunnen oder fließendes Gewässer Voraussetzung.
Ähnliche Anlagen in der Region werden als Wittekindsburgen bezeichnet. Ihre Entstehung, etwa um 800 nach Christi Geburt ist zumeist eng im Zusammenhang mit der Christianisierung der Bevölkerung durch die Franken zu sehen und den dadurch ausgelösten Abwehrmaßnahmen der Sachsen unter ihrem Herzog Widukind, dessen Gemahlin Geva der Sage nach bei Rulle in einem Großsteingrab beerdigt liegt.
Die bekanntesten unter den sogenannten Wittekindsburgen sind wohl die Burganlage bei Porta Westfalica, die bei Rüssel im Kreis Bersenbrück und eine weitere Anlage im Gehn, zwischen Bramsche und Ueffeln. Nicht zu vergessen die großflächigen, sehr beeindruckenden Burgreste der Wittekindsburg im Nettetal bei Osnabrück/Rulle. Sie wurden Anfang der siebziger Jahre durch Prof. Dr. H. G. Peters archäologisch untersucht. (Hier erwarb ich auch erste Fachkenntnisse unter Expertenanleitung. Seitdem ist die Burgenforschung in unserer Region eines meiner bevorzugten lnteressengebiete.)
Die Wallburgen unseres Raumes haben noch längst nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben. Der historischen Realität auf die Spur zu kommen, ist auch nicht ausschließlich Sache der Archäologen, sondern der Historiker. Richtig erkannt wurde bisher, daß es im weiten Umfeld unserer Wallburgen oft eine größere Anzahl von Meierhöfen gibt, deren Entstehung nicht selten eine direkte Einflußnahme des fränkischen Königstums vorausging. So gesehen ist es durchaus denkbar, daß auf Königsbefehl hin auch unter anderem die Befestigung Dörenthe/Nord entstand. Gebaut von Menschen der Umgebung als Schutz für sie und zugleich als Sicherung der neuen Herrschaft.
Westfälisches Museum für Archäologie
– AMT FÜR BODENDENKMALPFLEGE –
an die
Stadt Ibbenbüren
Untere Denkmalbehörde
04.02.1993
Sehr geehrte Damen und Herren,
Bei dem o. g. Objekt handelt es sich um ein Bodendenkmal gem. § 2 DSchG NRW. Das Westf. Museum für Archäologie bittet um Unterschutzstellung gem. § 3 DSchG NRW. Die dafür notwendigen Unterlagen sind, wie in § 22 Abs. 3 des DSchG vorgesehen, beigefügt.
Begründung:
Es handelt sich bei der Befestigungsanlage Dörenthe um eine umfangreiche Wall-Grabenanlage unbekannter Zeitstellung.
Ihr komplizierter Aufbau ist Beleg für ein herausragendes Interesse der Erbauer an dieser Burganlage. Es muß davon ausgegangen werden, daß der Anlage eine Kontrollfunktion des Übergangs über den Teutoburger Wald zukam. Hinzu kommt, daß sich wenig südlich der Kreuzungspunkt der heutigen B 219 mit dem Osning-Südrandweg befindet. Damit hatte sie während der Zeit ihres Bestehens eine nicht nur für ihre direkte Umgebung, sondern auch für Handel und Verkehr bestimmende Stellung. Dies gilt sicher auch für Erbauer und Bewohner der Anlage. Daher ist die Burganlage Dörenthe bedeutend für die Geschichte des Menschen im Großraum Ibbenbüren-Dörenthe.
Das Alter und die Bewohner der Anlage sind bislang unbekannt. Es besteht daher ein großes wissenschaftliches Interesse an der Erforschung der Anlage sowohl in historisch-topographischer als auch archäologischer Sicht. Hieraus resultiert auch ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Bodendenkmals. Darüberhinaus ist die Befestigungsanlage Dörenthe ein beispielhaftes Zeugnis für den Befestigungsbau in vergangenen Zeiten. Größe, Monumentalität und gute Erhaltung – zumal in hervorragender Verkehrslage – können dies auch den Laien anschaulich vor Augen führen. Auch aus diesem Grund besteht ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Bodendenkmals.
Das Westf. Museum für Archäologie bittet daher um die UnterschutzsteIlung des Bodendenkmals Mkz. 3712,126 Befestigungsanlage Dörenthe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Trier
Museumsdirektor
Westfälisches Museum für Archäologie
– AMT FÜR BODENDENKMALPFLEGE –
an Herrn
W. Suer
16.12.1992
Betr.: Ihre Fundmeldung einer Wallanlage bei Dörenthe
Sehr geehrter Herr Suer,
in der Zwischenzeit hat sich einer unserer Mitarbeiter die von Ihnen gemeldete Wallanlage einmal angesehen. Es handelt sich danach tatsächlich um eine bislang völlig unbekannte Befestigungsanlage. Wir hätten wirklich nicht gedacht, daß gerade in dieser Gegend, die früher von Hobbyarchäologen sehr intensiv begangen worden ist, eine solche Anlage bislang verborgen bleiben konnte – zumal sie ja direkt an der Bundesstraße liegt. Haben Sie daher um so mehr nochmals unseren herzlichen Dank. Eine nähere historische Einordnung der Anlage konnte bislang nicht vorgenommen werden. Auch wenn historische Quellen anscheinend nicht vorliegen, ist eher anzunehmen, daß es sich um etwas mittelalterliches handelt, was den übergang über den Berg in dieser Gegend kontrollierte. Wir werden diesbezüglich aber sicher am Ball bleiben.
Mit den besten Grüßen und Wünschen auch für das Neue Jahr
i. A.
Dr. Grünewald